Leider ist er gestorben. Ich habe ihn nur vorwärts gehen sehen.

Niemals sah ich ihn bei Erreichtem stehen bleiben.

Konfuzius (551-479 v. Chr.) 

Nachruf

20. Februar 2018 verstarb im Alter von 65 Jahren plötzlich und vollkommen unerwartet unser langjähriger Kollege, Freund und Wegbegleiter Prof. Dr.-Ing. Christian Bierögel. Mit ihm verlieren wir einen anwendungsorientierten und kreativen Wissenschaftler mit einer außerordentlichen werkstoffwissenschaftlichen Kompetenz. Er war jederzeit bereit, Studierende, Doktoranden und Kollegen mit seinem breitgefächerten Fachwissen zu unterstützen und er hat unermüdlich an der Aufbereitung und Weitergabe von Wissen gearbeitet.

Christian Bierögel wurde am 18.01.1953 in Dresden geboren. Seine Kindheit verbrachte er ab 1963 in Oberweißbach/Thüringen, wo er 1971 mit der Abiturprüfung die Erweiterte Oberschule abschloss. Von 1971 bis 1978 studierte er an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg zunächst Physik und dann Werkstofftechnik mit der Vertiefung Polymerwerkstoffe. Er schloss das Studium mit einer Diplomarbeit zum Thema „Numerische Auswertung einer Theorie zur Bewertung des mechanischen Prozessablaufes in Tellergranulatoren“ mit sehr gutem Ergebnis ab und blieb der Technischen Hochschule als wissenschaftlicher Assistent im Bereich Technische Mechanik erhalten. Im Jahr 1984 erfolgte dann die Promotion mit einer Arbeit auf dem Gebiet der zerstörungsfreien Prüfung unter der Betreuung von Prof. Dr. W. Pfefferkorn. Der Titel der Dissertation lautete „Zur Problematik der Schallemissionsanalyse an verstärkten Thermo- und Duroplasten“. Die verschiedensten Themen aus dem Bereich der zerstörungsfreien Prüfung sollten dann auch Prof. Christian Bierögel in seinem gesamten wissenschaftlichen Leben begleiten und immer eines seiner Steckenpferde bleiben. Der Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere war sicherlich zweifelsfrei die Ernennung zum Honorarprofessor an der Technischen Universität Wien, Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften und Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie. Er erhielt hier die Lehrbefugnis für das Fach „Werkstoffdiagnostik / Werkstoffprüfung“. 

Das Berufsleben von Prof. Christian Bierögel beginnt mit einer Stelle als wissenschaftlicher Assistent im Bereich Technische Mechanik der Technischen Hochschule Merseburg und reicht bis zur Funktion des wissenschaftlichen Oberassistenten im Bereich Werkstoffdiagnostik/ Werkstoffprüfung am Zentrum für Ingenieurwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Grellmann zum Zeitpunkt seines Eintrittes in die aktive Phase des Vorruhestands. Nachfolgend übte er eine beratende Tätigkeit bei der Polymer Service GmbH Merseburg, An-Institut an der Hochschule Merseburg, aus. Prof. Christian Bierögel hat seit Mitte der 1980er Jahre als Lehrer im Hochschuldienst in den Bereichen Werkstoffwissenschaft und Werkstoffprüfung gearbeitet. Seine Lehrtätigkeit umfasste Vorlesungen, Seminare und Praktika zur Festigkeitslehre, Werkstofftechnik, Zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, Kunststoffprüfung, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle und Kunststoffdiagnostik und Schadensanalyse. Im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere hat Prof. Christian Bierögel insgesamt 70 Diplomarbeiten und 4 Dissertationen betreut. Außerdem zeichnete er für die Ausbildung von 6 Azubis als „Werkstoffprüfer“ verantwortlich. 

Nicht nur in der studentischen Ausbildung war Prof. Christian Bierögel sehr aktiv, er war auch an der Beantragung und Bearbeitung von 52 Forschungsprojekten beteiligt und er erstellte 43 Industrie- und Gerichtsgutachten. Im Ergebnis der Forschungstätigkeit entstanden dann insgesamt 185 Publikationen in Fachzeitschriften, Tagungsbänden und Monografien, davon 52 Publikationen in Zeitschriften und 48 Beiträge zu Monografien und 3 Patente. Prof. Christian Bierögel hielt 140 Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen und war an der Präsentation von 115 Postern beteiligt. Insbesondere die wirklichkeitsgetreue und didaktisch wertvolle Abbildung von Geräten und Prüfprozessen aber natürlich auch die grafische Aufbereitung von Prüf- und Forschungsergebnissen war seine Passion. Besonders das Wiki „Lexikon der Kunststoffprüfung und Diagnostik“ wird ein dauerhaftes Denkmal seiner Arbeit sein. Dieses für jedermann verfügbare Nachschlagewerk füllte Prof. Christian Bierögel gemeinsam mit seinem langjährigen und freundschaftlich verbundenem Weggefährten Prof. Grellmann mit fundiert recherchierten und entsprechend illustrierten Inhalten. 

Über viele Jahre war Prof. Christian Bierögel Qualitätsmanager und Stellvertreter des Technischen Leiters des akkreditierten Prüflabors „Mechanische Prüfung von Kunststoffen – MPK“, welches 1991 am Fachbereich Werkstoffwissenschaften der Technischen Hochschule „Carl Schorlemmer“ gegründet wurde. Auch wegen seines großen Fachwissens und seiner Ideen entwickelte sich das Prüflabor ständig weiter und ist heute das Herzstück der Polymer Service GmbH Merseburg. Die inhaltliche Ausgestaltung des akkreditierten Prüflabors lag Prof. Christian Bierögel in den vergangenen 26 Jahren immer sehr am Herzen und er hat das Qualitätsmanagementhandbuch des Prüflabors mit Akribie entwickelt und gepflegt. Auch nach dem Eintritt in die aktive Phase des Vorruhestandes hat Prof. Christian Bierögel den Kollegen immer helfend zur Seite gestanden, wenn kleinere oder größere Aufgaben in Bezug auf den Maschinenpark oder die Akkreditierung zu lösen waren. Mit seinem extrem großen Wissen im Bereich der Kunststoffprüfung und allen Geräten und Messtechniken, die hier nötig sind, war er immer ein Ansprechpartner. 

Unter seinen Kollegen, Mitarbeitern und Studenten war Prof. Christian Bierögel stets hoch geschätzt und sehr beliebt. Er war in der Lage, seine eigene positive Lebenseinstellung und seinen Optimismus auf andere Menschen zu übertragen. Er nahm sich immer Zeit, jedem Kollegen, Doktoranden oder Studenten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und hat mit seiner großen Kreativität jede wissenschaftliche Diskussion bereichert. Dabei ist er in seinem Wesen immer bescheiden gewesen. Unvergessen bleiben werden auch sein Humor und sein frohes Lachen als eines seiner Erkennungszeichen. 

Prof. Christian Bierögel war ein sehr familienorientierter Mensch, der sich in seiner Freizeit viel und gern um alle Familienangelegenheiten gekümmert hat. Er sorgte für seine Mutter und Schwiegermutter und half jederzeit gern in der Betreuung seiner Enkelkinder aus. Er genoss diese Zeit und ging mit seiner Familie auch gern auf Urlaubsreisen. Prof. Christian Bierögel hinterlässt seine Frau Dr. rer.nat. Karin Bierögel, seine zwei Kinder Dr.-Ing. Sandra Straube und Dipl.-Ing. Stefan Bierögel und 4 Enkelkinder. Wir sprechen ihnen unser tief empfundenes Beileid aus und sind in Gedanken bei ihnen.

Die Lücke, die Prof. Christian Bierögel hinterlässt, werden wir mit unseren Erinnerungen und Gedanken füllen, aber wir werden sie niemals schließen können.